Beim EuregioCup mit der Kraft der Sonne einmal um den Globus
Aachen-Merzbrück (Mhe) – Am Himmelfahrtswochenende wird es wieder voll am Himmel über Aachen. Viel hören wird man allerdings nicht, denn es sind lautlose Segelflugzeuge, die vom Forschungsflugplatz Würselen-Aachen aus die dritte Dimension erobern, die Teilnehmer des EuregioCup. Leistungsflieger aus ganz Deutschland zieht es zu dieser 23. Ausgabe des hochkarätigen Lokalderbys, aus ganz NRW, aber auch aus Baden-Württemberg, Bayern und den Niederlanden.

Los geht es mit einem Eröffnungsbriefing am Dienstagabend, zu dem sich Roger Nießen angekündigt hat, Bürgermeister der Stadt Würselen.
Bei hoffentlich gutem Wetter startet der Wettbewerb am Mittwoch, 28. Mai, mit dem ersten Wertungstag. Je nach meteorologischer Vorhersage müssen die gut 60 Teilnehmer an insgesamt fünf möglichen Wertungstagen jeweils zwischen 100 und 500 Kilometer zurücklegen – und am Ende möglichst wieder in Aachen landen. Die Flüge führen dabei meist in Eifel und Westerwald, Hunsrück und Sauerland, manchmal sogar bis in den Pfälzer Wald. Welche Strecke genau zu fliegen ist, wird von der Wettbewerbsleitung anhand der Wetterlage jeden Morgen neu festgelegt.
Im vergangenen Jahr haben die Teilnehmer auf diese Weise an nur drei Wertungstagen insgesamt 38.105 Kilometer erflogen. Aneinander gelegt reicht die Strecke fast einmal um die Erde – und das alles ohne Motorkraft mit Durchschnittsgeschwindigkeiten von bis zu 115 km/h, allein mit der Hilfe von thermischen Aufwinden!

Nur für den Start sind die lautlosen Gleiter auf die Hilfe von Motorkraft angewiesen. Aber auch beim Thema Treibstoff sind sie rekordverdächtig sparsam und in diesem Jahr wird es noch mal deutlich weniger: Seit Anfang Mai ergänzt ein neues Schleppflugzeug den Flugzeugpark des ausrichtenden Luftsportvereins Aachen (LVA) eine Bristell LSA-K-916. Das knallrote Ultraleichtflugzeug benötigt gerade mal zwei Liter Sprit, um einen Wettbewerbsflieger auf 600 bis 700 Meter Höhe zu schleppen – und ist dabei nur etwas mehr als halb so laut wie sein Vorgänger (62db statt 70db, das entspricht Zimmerlautstärke im Vergleich zu normalem Straßenlärm).
Die Siegerehrung des EuregioCups ist für den Sonntag nach Abschluss des letzten Wertungstages geplant (1.6.2025).
„Die Organisation und Durchführung eines solchen Wettbewerbs bedeutet für die beteiligten Vereine einen großen Aufwand,“ erklärt Wettbewerbsleiterin Sylvia Carola Schuster. Aber der große Aufwand lohne sich, denn gerade viele Aachener Piloten nutzen die Gelegenheit, beim EuregioCup erste Erfahrungen in der Wettbewerbsfliegerei zu sammeln, um dann gut gewappnet zu ihren ersten nationalen Qualifikationswettbewerben zu starten (hier geht es zum Teilnehmerfeld des EuregioCup 2025).
Wie gut das funktioniere, zeige sich daran, dass die Aachener Junioren seit Jahren in der Segelflug-Bundesliga auf den vordersten Plätzen landen. Diesen Effekt möchte Schuster künftig weiter stärken: „Ich kann mir vorstellen, dass wir in den kommenden Jahren selbst eine Quali oder sogar eine Deutsche Meisterschaft in Aachen durchführen! Die Unterstützung von den Aachener Vereinskollegen und regionalen Partnern ist auf jeden Fall da!“
Plane-Spotting am Flugplatz und live im Netz
Wer beobachten möchte, wie die eleganten Segelflugzeuge von Schleppmaschinen in die Luft gezogen werden, hat dazu um die Mittagszeit die beste Gelegenheit. Der Start des Wettbewerbsfeldes erfolgt in der Regel zwischen 11 und 13 Uhr. Aber auch außerhalb der Sichtweite des Flugplatzes Würselen-Aachen lassen sich die Flugzeuge live verfolgen: Auf der Webseite von WeGlide werden Position, Höhe und Streckenverlauf jedes einzelnen Flugzeugs auf einer Online-Karte in Echtzeit dargestellt.
Hintergrund: So funktioniert ein Segelflug-Wettbewerb
Die Teilnehmer eines Segelflugwettbewerbes starten in mehreren Klassen. Die jeweilige Klasse hängt von Leistungsfähigkeit des Segelflugzeuges ab, vor allem davon, wie weit das Flugzeug ohne Aufwind gleiten kann. Es gibt viele unterschiedliche Klassen, aber beim Aachener EuregioCup starten lediglich zwei, und die sind lokale Eigenkreationen: die Hasen-Klasse und die Igel-Klasse.
Bei den Igeln handelt es sich meist um etwas ältere Flugzeugtypen, die es vor allem Nachwuchs-Piloten ermöglichen, Wettbewerbserfahrung zu sammeln. In der Hasen-Klasse sind die Hochleistungs-Segelflugzeuge unterwegs und, nun ja, die „alten Hasen“ eben.
Kreisend im Aufwind
Für beide Klassen legt die Wettbewerbsleitung jeweils am Morgen des jeweiligen Wertungstages die Strecken fest, welche die Piloten bewältigen müssen. Je nach Wetter sind das für die Igel-Klasse zwischen 100 und 300 Kilometer, für die Hasen-Klasse üblicherweise 200-400, manchmal bis zu 500 Kilometer. Dafür sind die Flieger pro Wertungstag zwischen 3 und 6 Stunden in der Luft. Um solche Strecken ohne Motorhilfe zu bewältigen, müssen die Piloten immer wieder Thermik finden, Aufwinde, die den Seglerflieger in die Höhe tragen, je nach Wetter und Tageszeit bis zu 2000 Meter hoch. Die gewonnene Höhe können die Piloten dann abgleiten und in Strecke umwandeln, bis sie so niedrig sind, dass sie wieder Thermik benötigen, um darin kreisend Höhe zu tanken. Zwischen den einzelnen Aufwinden können schon mal Distanzen von 30 oder 40 Kilometer liegen.

Die Herausforderung im Wettbewerb besteht darin, auf der vorgegebenen Strecke Aufwinde zu finden, innerhalb der Aufwinde möglichst das Zentrum zu suchen und dort zu kreisen, wo es am schnellsten nach oben geht. Da sich die Aufwinde aber eher nicht an die Vorgaben der Wettbewerbsleitung halten, gilt es, Aufwinde zu suchen, die möglichst nah an der vorgegebenen Strecke liegen, also eine Ideal-Linie zu finden mit möglichst wenigen Umwegen, um schnell wieder nach Aachen zurückzukehren. Eine typische Strecke könnte zum Beispiel von Aachen nach Gerolstein in die Eifel führen, dann bis Radevormwald im Bergischen Land und wieder zurück nach Aachen, knapp 300 Kilometer Luftlinie weit.
Die Flugdaten, wie zurückgelegte Strecke, Höhe und Geschwindigkeit, werden dabei von einem elektronischen „Logger“ an Bord des jeweiligen Flugzeuges mitgeschrieben, fälschungssicher verschlüsselt, und nach dem Flug von der Wettbewerbsleitung ausgelesen. Tagessieger ist, wer die vorgegebene Strecke am schnellsten geflogen ist. Die Durchschnittsgeschwindigkeiten liegen dabei – je nach Klasse – zwischen 70 und 120 km/h. Über ein Punktesystem wird schließlich aus den Tageswertungen der Gesamtsieger der jeweiligen Klasse ermittelt.
Was, wenn die Thermik ausbleibt?
Immer wieder kommt es (nicht nur bei Wettbewerben) vor, dass die Thermik zu schwach wird, um wieder nach oben zu steigen, oder dass der nächste Aufwind zu weit weg ist, um im Gleitflug dorthin zu gelangen. In diesem Fall sucht der Pilot ein geeignetes Landefeld. Idealerweise ist das ein Flugplatz in der Nähe, es kann aber auch eine Wiese oder ein Acker sein. Solche Außenlandungen sind nichts Außergewöhnliches. Vor allem sind sie keine Notlandungen, wie bisweilen in der Presse zu lesen ist. Eine Außenlandung ist ein Standardverfahren und wird in der Pilotenausbildung intensiv trainiert. Die Flugzeuge sind technisch darauf ausgelegt. Dem entsprechend enden Außenlandungen in der Regel ohne jeden Schaden an Flugzeug oder Flur. Nachdem der Pilot seine Landeposition per Telefon durchgegeben hat, wird er von seinem Rückholteam per PKW abgeholt. Mit wenigen Handgriffen werden die Tragflächen abmontiert und im mitgebrachten Anhänger verstaut. Die Rückfahrt zum Heimatflugplatz kann allerdings schon mal länger dauern, wenn der Pilot mit seinem Flieger weit draußen liegt. Denn Distanzen, die durch die Luft schnell überwunden sind, können auf der Straße ein Vielfaches an Kilometern und damit Fahrzeit bedeuten.
Pressekontakt: Martin Herzog (presse@lv-aachen.de)